Ursprünge des Ayurveda

Vom ersten Quirl, dem Milchmeer und Amrita.

In den mystischen Geschichten Indiens, den Puranas, wird die Geschichte wie Ayurveda in/auf die Welt kam, folgendermaßen erzählt: Götter und Dämonen gemeinsam quirlten mit Hilfe des Berges Meru und der Schlange Vasuki, die als Seil um den Berg geschlungen war, das Milchmeer, weil sie den göttlichen Nektar (Amrita) bergen und gewinnen wollten. Nach vielen Jahren des Quirlens kamen die Schätze des Milchmeeres an die Oberfläche, und der letzte und größte Schatz war Dhanvantari, der Gott der Heilung und des Ayurveda. In seiner Hand der Kelch mit dem göttlichen Nektar: AMRITA. Er brachte den Göttern die Unsterblichkeit und den Menschen das göttliche Wissen des Ayurveda. Seitdem sind in die Wissenschaft des Lebens viele Philosophien eingeflossen. Es handelt sich um eine Wissenssammlung, die im Laufe von tausenden von Jahren gewachsen ist.

Ayurveda, das Wissen des Lebens

Ziel der ganzheitlichen Medizin Indiens ist seit 2500 Jahren sowohl die Gesunderhaltung (Prävention) als auch die Behebung von Krankheit. Ayurveda, die Wissenschaft über das Leben, soll zu einem glücklichen gesunden Sein und zur  Minderung von Leid führen.
 
Für mich ist Ayurveda mit dem Ausdruck Svastha verbunden, der übersetzt heißt: Gesundheit aber auch Verweilen im Selbst. Die ganzheitlich indische Medizin zielt darauf ab, Körper und Geist in Balance zu halten, so dass die Seele darin wohnen mag. Ayurveda setzt also auf die Trimurti, die Einheit von Körper, Geist und Seele,  ein Leben im Einklang mit der inneren und äußeren Natur. Dabei wird die innere Natur als Abbild der äußeren Natur verstanden (Mikrokosmos = Makrokosmos).
 
Universell spricht Ayurveda deshalb davon, dass die Welt und das Universum aus den fünf Elementen, den panca mahabhutas besteht: Erde (prthivi), Wasser (jala), Feuer (agni, tejas), Luft (vayu) und Raum (akasha).

Elemente und Doshas

Die drei Doshas: Vata, Pitta und Kapha, repräsentieren dabei die fünf Elemente in unserem Körper. Vata besteht aus Luft und Raum, Pitta aus Feuer und ein Hauch von Wasser und Kapha aus Erde und Wasser.
 
Entsprechend der Elemente Luft und Raum aus denen Vata gebildet wird sind die Eigenschaften von Vata: trocken, subtil, rau, beweglich, kalt, leicht, nicht schleimig. Vata ist das Bewegungsprinzip das alle Bewegungen in uns steuert, die Atmung, die Ausscheidung, die Nervenimpulse.
 
Menschen mit viel Vata sind sehr fein gliedrig und beweglich, neigen zu Wechselhaftigkeit in der Verdauung, in den Aktivitäten und den Beziehungen. Sie sind kreativ, reiselustig, haben ein gutes Kurzzeitgedächtnis, neigen zu Trockenheit (Haut, Verstopfung) und sind eher ängstlich.
 
Die Eigenschaften von Pitta, dem Umsetzungsprinzip sind: spitz, scharf, sauer,  heiß, flüssig, etwas ölig und passiv beweglich. Pitta entspricht dem Element des Feuers mit einem Spritzer Wasser. So ist es für die Verdauung, die Temperatur, für die Pigmentierung der Haut und für Hunger und Durst zuständig. Pitta-Menschen sind körperlich gut gebaut, die Haut ist oft hell mit Sommersprossen, sie sind zielorientiert, gut strukturiert und intelligent, neigen zu Entzündungen, Durchfall und Aggressionen.
 
Die Eigenschaften von Erde und Wasser sind: schwer, weich, stabil, süß, ölig, kalt und schleimig. Entsprechend ist Kapha, das Stabilitätsprinzip, zuständig für die Schmierung der Gelenke, die Widerstandsfähigkeit, die Potenz, Zufriedenheit und Nährung. Kapha-Menschen sind groß oder klein und neigen zu Gewichtszunahme, haben ein gutes Langzeitgedächtnis, sind gerne zu Hause mit Freunden und machen es sich gemütlich. Sie sind seltener krank, neigen aber zu Antriebslosigkeit und Depressionen.
 
Alle drei Doshas sind existentiell und verbinden Körper und Geist. Sie sind sowohl grob- als auch feinstofflich. Die drei Doshas sind sehr individuell in uns ausgebildet und entstehen laut Ayurveda schon im Moment der Verbindung von Samen- und Eizelle. Hier wird der Grundstein für die individuelle ursprüngliche Konstitution (Prakriti) gelegt.
 
Es gibt sieben verschiedene Dosha-Typen in unterschiedlicher Ausprägung: Vata, Pitta, Kapha, Vata-Pitta, Pitta-Kapha, Kapha-Vata und Tridosha (Vata-Pitta-Kapha). Insofern sind singuläre Typen, bei denen ein Dosha dominant ist und Mischtypen, bei denen zwei Doshas dominant sind und der eher seltene Tridosha-Typ zu unterscheiden.

Die Konstante heißt „Veränderung“

Wir sind einem ständigen Veränderungsprozess unterworfen. Der jeweilige Ist-Zustand, geprägt von der Sozialisation, den Jahreszeiten und dem Alter, wird Vikriti genannt. Er ist praktisch der veränderte krankhafte Zustand, der abweicht von unserer ursprünglichen Konstitution, der Prakriti. Mit dem Ist-Zustand arbeiten wir wenn wir im Ayurveda behandeln. Entsprechend der Konstitution ist jede Anwendung im Ayurveda sehr individuell! Es geht darum die Persönlichkeit des Menschen zu sehen!
 
Um in einer für uns ausgewogenen Balance, einem dynamischen Gleichgewicht der Doshas zu leben, ist es notwendig einige Grundprinzipien des Ayurveda zu verstehen.
 
Dreh- und Angelpunkt des Ayurveda ist AGNI, das Verdauungsfeuer. Wenn es hier im Westen oft heißt: du bist was du isst, so heißt es im Osten: du bist was du verdaust und ausscheidest. Denn wenn unser Verdauungsfeuer gut brennt und die ausgewogene Nahrung verwerten kann, dann werden die sieben Gewebe (sapta dhatus) aus denen der Körper besteht, gut versorgt und wir haben eine kräftige Immunabwehr (Ojas).
 
Während des Verdauungsvorgangs und der Gewebsumwandlung (Dhatu Parinama) finden auf jeder Ebene Stoffwechsel-Prozesse statt. Hier wird die Nahrung in die Essenz aufgespalten, die die nächste Stufe nährt und gleichzeitig in ein Abfallprodukt verwandelt. Dies wird entweder ausgeschieden (Malas: Stuhl, Urin, Schweiß) oder findet in Haaren, Zähnen etc. seine Form.
 
Um diese Essenzen und Abfallprodukte zu befördern braucht es Transportkanäle, die sogenannten Srotas. Sie versorgen die sieben Gewebe, führen Atem, Wasser und Nahrung. Sie stellen die Verbindung zwischen all den Doshas, Malas und Dhatus dar.
 
Durch eine Nahrungsaufnahme die unserer Konstitution unverträglich ist, entstehen Schlacken (Ama). Ama heißt: nicht verdaut, roh, ungekocht und ist ein Stoffwechselzwischenprodukt. Durch den negativen Einfluss des Amas auf die Doshas, Dhatus und Malas kann in den Srotas eine Blockade entstehen; dies wiederum kann andere Komponenten stören und das Agni negativ beeinflussen. Es kommt zu Dysbalancen und letztendlich zur Krankheit.

Der ganzheitliche Blick

Ayurveda schaut sehr genau auf die Ursache (Hetu) der Erkrankung und nicht nur auf die Symptome.
 
Behandlungen im Ayurveda sind so holistisch wie das System. Dabei steht in der Behandlung die Betrachtung der aufgenommenen Nahrung, die Reinigung, die Psychohygiene, die Nahrungsergänzungsmittel, die Ausleitungen, die Panchakarma Therapie im Zentrum.
 
Der Behandelnde erlebt, wie jede Mahlzeit auf seine Gesundheit und seine Doshas wirkt. Er lernt die Bedürfnisse seines Körpers und seines Geistes immer besser kennen. Er verbindet seine innere und äußere Natur. Es entsteht die Einheit von Körper, Geist und Seele.